Yang Chengfus Zehn Tai Chi Prinzipien

Altmeister Yang Chengfu hat das moderne Tai Chi Chuan geprägt wie kein Zweiter. Besonderes Gewicht haben bis heute seine Kommentare zu den Zehn Tai-Chi-Prinzipien. Dabei hat der "große Standardisierer" allerdings auch beigetragen zu einer Fülle von Mißverständnissen und Defizite. Siehe dazu den Artikel von Dr. Stephan Langhoff Yang Chengfu /Yang-Chengfu-Tai-Chi-Form mit 103 Figuren auf der Homepage des DTB-Dachverbandes.

Die Tai Chi Prinzipien bilden weltweit die "DNA der Yang-Stilisten", denn dieses "Taiji-Grundgesetz" faßt alle grundlegenden Vorschriften zusammen. Es sind die "Wesentliche Punkte zur Entwicklung Innerer Kraft". Seit jeher raten die großen Meister dazu, diese Leitlinien wert zu schätzen und sie genau zu befolgen, denn "ein kleiner Schritt führe meilenweit in die Irre".

Die oft auch "Essentiellen Punkte" genannten Hilfen sind jedoch keine einfache Lektüre, da sie untrennbar verbunden sind mit dem Wissensschatz der "Tai-Chi-Klassiker". Und diese alten Schriften sind keineswegs eindeutig formuliert. Zudem sind sie auch nur lückenhaft überliefert und lassen viele, teilweise sogar widersprüchliche Deutungen zu. Die Fachwelt ist sich daher alles andere als einig, wenn es um konkret-praktische Schlußfolgerungen geht.

Bekanntlich ließ Yang Chengfu die Prinzipien von seinem Schüler Cheng Weiming aufschreiben. Er vertrat zunächst die Meinung, man müsse 13 Prinzipien zugrundelegen. Später wich er davon ab und bezog sich auf lediglich 10 Prinzipien. Die chinesische Original-Fassung des Meisters wird in anderen Sprachen - je nach Übersetzer -durchweg unterschiedlich wiedergegeben und von Autor zu Autor auch abweichend erklärt. Es empfiehlt sich daher für den ernsthaft Bemühten, einen Experten zu wählen bzw. mehrere Fassungen zu vergleichen.

Als wäre das nicht schon alles recht komplex - es wird bei genauerer Betrachtung noch vielschichtiger. Das in den Klassikern benutzte Chinesisch ist altes Chinesisch und evtl. regional gefärbt. Zudem ist es "Fach-Chinesisch" wie beispielsweise "Anglersprache". Auch richteten sich die Ausführungen keineswegs an Laien sondern an Experten der Kampfkunst und Meditation. Die spannendste und wirklich wichtigte Frage bleibt auch heutzutage noch: Wollte man wirklich Infos preisgeben oder etwa auch "falsche Fährten legen"?

Jedes einzelne Tai-Chi-Prinzip läßt sich isoliert üben - besonders Anfänger sollten so vorgehen, um zuverlässig das dem jeweiligen Prinzip Wesentliche zu begreifen. Von Prinzip zu Prinzip fortzuschreiten hat auch den Vorteil, daß man spielerisch unterschiedliche Reihenfolgen ausprobieren kann. Hat der Übende nach längerem und korrekten Training ein tieferes Verständnis für jedes einzelne Prinzip entwickelt, so kommt der entscheidende Schritt der Kombination: Zwei oder mehr Prinzipien zugleich zu beachten, entwickeln Körperbewußtsein, Konzentration und Ausdauer in hohem Maße.

Der hohe Stellenwert dieser Zehn Hauptpunkte in der Lehrerausbildung wird in den Verbänden durchweg zu wenig berücksichtigt. Ein Grund mag die weit verbreitete esoterisch-fundamentalistische Ausrichtung sein. Auch ist ein Großteil der Lehrenden selbst unzureichend geschult. Zu erwähnen ist hier der Deutsche Taichi-Bund - Dachverband für Taichi und Qigong ev, der eine spezielle Lehr-DVD zum Thema erstellt hat und seit langem mit großem Erfolg in der Aus- und Fortbildung einsetzt.

Die Prinzipien werden hier wiedergegeben in der Version von Dr. Stephan Langhoff. Er hat die zeitweilig von seinem Lehrer Yang Zhenduo favorisierte Reihenfolge geändert auf die ursprüngliche von Yang Chengfu. Anmerkung: Auch Yang Zhenduo nutzt jetzt wieder die ältere Reihenfolge.

1.) Leer, lebendig, hochdrückend und energisch

Die Vorgabe für die Kopfhaltung ist am schwersten verständlich - darin ist sich die Fachwelt einig

2.) Die Brust einbehalten und den Rücken dehnen

Interessant, daß zwei Aspekte in einem Prinzip vereinigt werden

3.) Die Taille entspannen

Nach Meinung vieler Experten wohl das wichtigste Prinzip

4.) Die Leere und Fülle unterscheiden

Keineswegs geht es hier allein um die Gewichtung - es geht um die optimale Kampfkunst-Strategie

5.) Schultern sinken lassen und Ellbogen loslassen

Angehobene Schultern sind wohl das größte Manko bei Anfängern - sie sollten der Vorgabe unbedingt Priorität einräumen

6.) Kraft des Geistes statt Körperkraft

Bei dieser wohl am meisten diskutierten Forderung kann die moderne Faszien-Forschung wertvolle Einblicke geben und das Verständnis erleichtern

7.) Unten und oben des Körpers koordinieren

Vorbild ist hier die Yin-Yang-Philosophie und die darin enthaltene harmonische Ganzheitlichkeit

Inneres und Äußeres verbinden

Körper und Geist sind die "zwei Seiten ein und derselben Medaille" - sie weisen auf das Wesen östlicher Meditation

Kontinuierliche Bewegung ohne Anfang und Ende

Die strömenden Fluten des Yang-Tse sind ein Sinnbild für die geforderte "mentale Kontuität", die stete Achtsamkeit im "Hier und Jetzt"

10.) Suche die Ruhe in der Bewegung

Auch dieses Prinzip ist sehr tiefgehend; die innere Verfassung soll einer ruhigen Wasseroberfläche entsprechen, die alles unverzerrt wiedergibt wie es ist.

Wir danken Dr. Langhoff für die spontan eingefügten Stichwort-Erklärungen.

Quelle mit von Dr. Langhoff kommentierten Beurteilungen hier: Yang Chengfus Taiji Essentials.

 

 Push-Hands in Deutschland - ein Bericht von Dr. Langhoff

Der neue Push-Hands-Bericht von Dr. Langhoff ist eine Zusammenfassung weitverbreiteter Fehleinschätzungen und längst widerlegter Vorurteile zur "bekanntesten und wichtigsten Taijiquan-Partnerübung". Wohl in keinem Bereich ist der "Guru-Nimbus" tiefer verwurzelt als in dieser Sparte der "Inneren Qi-Kraft". Protagonisten von Heilslehren und Lobbyisten unterschiedlichster Couleur malen ihre geschönten Qi-Welten von vorgeblicher Unbesiegbarkeit mit aufgeblasenem Show-Spektakel, das um so mehr beeindruckt je besser die Partner der Meister mitspielen. Quelle: Treffen Tuishou (Push Hands).

Yang Chengfus Tai Chi Prinzipien in der "Szene"

Diese Prinzipien werden in der "Kampfkunst-Szene/ Taiji-Szene" häufig falsch dargestellt. Oft wird fälschlich unterstellt, sie würden für alle Familienstile gleichermaßen gelten - was für ein Hochmut bzw. was für eine Gedankenlosigkeit. Was Experten auffällt, ist ohnehin die große Naivität bzw. Schlichtheit derjenigen, die besonders in sogenannten "Kampfkunst-Foren" ihre abstrusen Statements anbieten.

Yang Chengfus Tai Chi Prinzipien und "Politische Korrektheit"

Dr. Langhoff und der DTB sind wohl die einzigen, die sich kritisch mit der Weltsicht des Altmeisters auseinandersetzen. Sie ist ja höchst fundamentalistisch, enggefaßt und darüberhinaus in Teilen schlicht falsch. Doch die "Szene" der Lobbyisten und Glaubensgemeinschaften" verhält sich auch hier politisch korrekt und spielt "Des Kaisers neue Kleider" - letztlich zum Schaden aller.

Die nachfolgenden Links setzen sich kritisch mit den Mängeln auseinander und sollen zum Faktencheck und wissenschaftlicher Beschäftigung anregen.

www.yang-chengfu-center.posture-inside.com/p-prinzipien.html

www.nairiki.posture-inside.com/tai-chi-prinzipien.html

www.prinzipien.tai-chi-verband.de/

www.yang-chengfu-center-info.tai-chi-zentrum.de/tai-chi-prinzipien.html

www.yang-chengfu-tai-chi.net/prinzipien.html